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WRINT: Politikunterricht – Was ist Demokratie?

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Demokratie ist eine von mehreren Regierungsformen, die Staaten aufweisen können. In der klassischen Staatsformenlehre von Aristoteles war Demokratie (von demos (Volk) und kratein (Herrschaft) aus Begriffsgründen eine entartete Form der Volksherrschaft. Er entwickelte folgendes System:

cc-by Thomas Brandt

cc-by Thomas Brandt

Aus diesem ergibt sich auch die klassische Idee des Verfassungszyklus. Eine gerechte Einzelherrschaft entartet langsam, wird dann von einer Gruppe abgelöst, die irgendwann nur noch die eigenen Ziele im Blick haben und dann vom Volk abgelöst werden. Der Pöbel setzt sich aufgrund seiner Masse durch und irgendwann kommt ein starker Herrscher, der aufräumt.

Die Demokratie selbst gibt es in zwei Arten. Die direkte Demokratie sieht die Herrschaftsausübung direkt in der Hand der einzelnen Bürger, während die indirekte oder repräsentative Demokratie vorsieht, dass gewählte Volksvertreter die Herrschaft ausüben.

In allen modernen Verfassungsstaaten, die man als Demokratie bezeichnen kann finden sich repräsentative Systeme, die mehr oder minder starke direkte Züge tragen. Dies ergibt sich hauptsächlich aus pragmatischen Überlegungen, da die modernen Bevölkerungszahlen und die Komplexität moderner politischer Entscheidungen kaum eine Wahl lassen, als Gesetze von wenigen spezialisierten Beauftragten beschließen zu lassen. Diese müssen aber immer noch dem Volk verpflichtet sein.

Dazu gibt es einige Nebenbedingungen, die dafür sorgen, dass eine Demokratie auch wirklich ihren Zweck erfüllen kann. Diese sind in den anderen Staatsstrukturprinzipien des Grundgesetzes zu finden. Ohne Rechtsstaat, Sozialsstaat und Bindung an das Grundgesetz ist eine wirkliche Demokratie nicht möglich.

WRINT: Politikunterricht – Wie schaut die deutsche Verfassungsgeschichte aus?

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Wie immer am Anfang der Link zum Arbeitsblatt aus der Folge: Das Grundgesetz für Einsteiger und Fortgeschrittene, wir bearbeiteten Blatt 20.

Hoffentlich jeder Deutsche kennt seine aktuelle Verfassung, das Grundgesetz. Doch Deutschland besaß vor dem Grundgesetz schon mehrere Verfassungen und jede dieser Verfassungen spiegelt nicht nur deutsche Geschichte sondern auch ein Denken über Politik wider. Die deutsche Verfassungsgeschichte zeigt auch einen politischen Wandel an dessen Ende das Grundgesetz steht.

Paulskirchenverfassung

Die erste Verfassung, die in Deutschland geschrieben wurde, war die Paulskirchenverfassung von 1848. Nach der Märzrevolution fand sich in der Paulskirche in Frankfurt am Main zum ersten Mal eine verfassungsgebende Nationalversammlung zusammen. Die Verfassung erhielt einen Grundrechtekatalog und zielte auf Demokratisierung und Nivellierung von Ständeunterschieden. Sie scheiterte an einer wiedererstarkten Monarchie, die sie schlicht ignorierte und die alte Ordnung durch militärischen Druck aufrecht erhielt.

Bismarcksche Reichsverfassung von 1871

Nach der Vereinigung des deutschen Reiches im Jahre 1871 schrieb Otto von Bismarck die Verfassung des deutschen Reiches. Im Gegensatz zur Paulskirchenverfassung ist die Basis dieser Verfassung nicht in bürgerlichen Revolutionen zu suchen, sondern in der Wiedervereinigung des deutschen Kaiserreiches. Damit steht hier keine demokratische Volksermächtigung sondern die Legitimation der herrschenden Verhältnisse im Vordergrund. Die Verfassung regelt primär die Verwaltung des Reiches als Bundesstaat und zeigt damit auf die Tradition Deutschlands als solcher. Die Bundesstaaten waren immer noch eigenständige Verwaltungseinheiten und so regelte die Verfassung zum Beispiel keine Grundrechte, weil diese auf Länderebene besser zu verhandeln waren. Es gab demokratische Elemente und ein allgemeines Wahlrecht für Männer über 25 Jahre, allerdings war der demokratisch gewählte Reichstag eher zahnlos, da er vom Kaiser jederzeit aufgelöst werden konnte und dies der Kaiser auf Raten seines Reichskanzlers auch tat. Die Verfassung von 1871 verankert das föderative Element, das Deutschland bis heute hat.

Weimarer Reichsverfassung

Das deutsche Reich stürzt 1914 in den ersten Weltkrieg und fällt 1918 in sich zusammen. Im Juli 1919 gibt sich die sogenannte Weimarer Republik eine neue Verfassung. Diese Verfassung des deutschen Reiches ist erstaunlich modern und bildete in vielen Hinsichten ein Vorbild für das Grundgesetz. Es gab hier schon ein allgemeines Wahlrecht, das Frauen einschloss, und einen langen Grundrechtekatalog. Die Probleme, die die Weimarer Verfassung am Ende durch die Nationalsozialisten entkernen ließen, waren struktureller Natur.

Ermächtigungsgesetze

Die Ermächtigungsgesetze der Nationalsozialisten, darunter das wohl bekannteste Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich sind eigentlich keine Verfassung sondern stellen die Entmächtigung und Entkernung einer Verfassung dar. Die Gesetze waren zwar politische Praxis, aber eigentlich nicht in der Weimarer Reichsverfassung vorgesehen. Sie wurden am Ende auch benutzt um die Weimarer Reichsverfassung auszuhebeln und eine Diktatur in Deutschland zu installieren. Im Endeffekt wurde unter dem Vorwand des Notstandes einmal die Demokratie und die Grundrechte ausgehebelt.

Das Grundgesetz

Nach dem Europa unter deutscher Anleitung das zweite Mal in Scherben lag, gab sich 1949 die Bundesrepublik Deutschland ((Die Verfassung der DDR ist ein Extrathema. Ich verlinke hier den Wikipediaartikel zur Vollständigkeit.)) ein Grundgesetz. Grundgesetz deswegen, weil man sich keine Verfassung geben wollte, solange Deutschland nicht wieder vereinigt ist. Wir haben immer noch ein Grundgesetz, weil die Wiedervereinigung keine neue Verfassungsgebung ausgelöst hat. Das Grundgesetz ist die aktuelle Verfassung der Bundesrepublik Deutschland und Ergebnis der dieser Verfassungsgeschichte, vor allem der Schwächen der Weimarer Verfassung. Es besitzt die föderative, demokratische und Sicherungselemente gegenüber verfassungsfeindlichen Bestrebungen und stellt damit das Ende der dargestellten geschichtlichen Entwicklung dar.