Archiv des Autors: Thomas Brandt

WRINT: Politikunterricht LK – Rousseau

Mit Jean Jacques Rousseau markieren wir den langsamen Übergang in die Romantik. Obwohl er wie Hobbes und Locke eine Vertragtheorie entwickelt, hat diese jedoch nicht das Ziel eine Regierung zu rechtfertigen sondern entwerfen ein politisches System in dem alle mit allen einen Vertrag schließen, der sie möglichst stark befreit. Das bedeutet, dass es hier keine Herrschaft gibt außer die des Gemeinwillens, den laut Rousseau ein jeder Bürger in sich spürt.

Rousseau stellt also ein eher utopisches Staatsgebilde dar, das auch der Kritik unterliegt, dass es in seiner Konsequenz totalitär wäre. Er ist dementsprechend pessimistisch, dass es Freiheit, wie er sie sieht jemals geben kann.

WRINT: Politikunterricht LK – Montesquieu

Charles-Louis de Secondat, Baron de La Brède et de Montesquieu (ab hier kurz Montesquieu) verfasste mit dem Geist der Gesetze die erste moderne vergleichende Abhandlung über Verfassungen und Gesetze. Er legte hierbei den Geist und die Prinzipien der Verfassungen als Kriterien fest. Montesquieu macht dabei drei verschiedene Arten von Verfassungen auf:

Republiken haben Gleichheit als zentrales Prinzip, weswegen hier die Verteilung der Macht im Mittelpunkt steht. Die Republik braucht einen hohen Grad an bürgerlicher Verantwortlichkeit, die auch ihre eigenen Interessen dem Gemeinwohl unterstellen.

Monarchien haben das Prinzip der Ungleichheit, die in Ständen festgelegt ist, deren Ehre sie daran hält nicht gegen das Gemeinwohl zu handeln.

Despotien haben das Prinzip der Furcht und sind inhärent instabil. Immerhin sind sie laut Montesquieu ohne jedes Maß was die zulässigen Handlungen angeht.

Montesquieu zentrale Idee ist, dass die Machtfülle der einzelnen Gruppen durch eine Teilung der Gewalten eingedämmt werden kann, und damit Verfassungen nicht maßlos werden. Dies ist seine am meisten erinnerte Idee.

WRINT: Politikunterricht LK – John Locke

Beschäftigte sich Thomas Hobbes noch mit der grundlegenden Frage, wie ein Staat humanistisch zu rechtfertigen sei, versucht John Locke naturrechtlich ein Widerstandsrecht gegenüber einem absolutistischen Herrscher zu rechtfertigen. Dabei fängt er im 1. Treatise on Government an, in dem er gegen Filmers Idee argumentiert, die Gottesgnadentum mit Religion rechtfertigen möchte. Locke argumentiert hier mit seiner Idee des Eigentumserwerbs, die besagt, dass Menschen Eigentum an Gottes Schöpfung erhalten, wenn sie ihre Arbeit mit dieser vermischen. Daraus ergibt sich dann auch der Wunsch der Menschen dieses Eigentum zu schützen. Dafür benötigen sie laut Locke einen Staat, der allgemeines Recht durchsetzt, denn man kann den anderen Menschen nicht per se vertrauen, dass sie dieses Recht nicht verletzen.

Lockes Lösung ist dann auch ein Vertrag aller mit allem, der einen Staat entwickelt, der von allen anerkannt wird. Das ist Lockes Argument gegen einen absolutistischen Staat und begründet das Widerstandsrecht, das er entwickeln will. Dabei ist die Regierungsform des Staates bei Locke erst einmal unabhängig vom Vertrag. Er bevorzugt die Exekutive in der Hand einer einzelnen Person, die Legislative bei mehreren Personen und damit auch eine erste Version von Gewaltenteilung. Die einzige Form von Staat, die Locke hier grundsätzlich ausschließt ist Absolutismus, denn dieser widerspricht dem Naturrecht der Personen.

John Locke begründete mit diesem Dokument, dass zu seiner Zeit sogar den Radikalsten zu radikal war, den modernen Liberalismus und eine Idee wie ein demokratischer Verfassungsstaat zu rechtfertigen sei.

WRINT Politikunterricht LK – Thomas Hobbes

Mit Thomas Hobbes fängt eine neue, humanistische Tradition der politischen Philosophie an. Nachdem bisher Denker entweder die Unterschiede zwischen Politik und Glaube argumentiert, oder sich aber nur mit den praktischen Implikationen politischer Herrschaft beschäftigt haben, versucht Hobbes mit seinem Leviathan eine neue philosophische Grundlage für die Notwendigkeit eines Staates und der Politik zu entwerfen.

Hobbes stellt dabei das zentrale Problem der menschlichen Intelligenz als Ausgangspunkt. Der freie Wille der Person sorgt in seinem Naturzustand unter gleichzeitiger Knappheit von Gütern und deren Produktionsmittel für dauerhafte Konflikte, die alle Menschen betreffen und von der Notwendigkeit einer Ordnung überzeugen. Denn diese Konflikte führen zu Gewalt, die dann zu präemptiver Gewalt führt.

Die daraus resultierende Ordnung wird als Vertrag aller mit allen zugunsten einer dritten Macht, dem Leviathan, der absolute Autorität besitzt, geschlossen. Damit formuliert Hobbes die grundlegende Idee des modernen Staates, der aus den Menschen selbst heraus geformt wird. Er löst damit Vorstellung des Gottesgnadentums mit einer Theorie ab, die die Entscheidungsfähigkeit des Menschen in den Mittelpunkt stellt.

WRINT Politikunterricht LK – Martin Luther

Martin Luther hatte als Kirchenreformator auch eine politische Rolle zu seiner Zeit. Immerhin stellte die Reformation mit der katholischen Kirche auch die politische Ordnung in seiner Zeit in Frage.

Obwohl sich Luther versuchte aus der Politik herauszuhalten, fühlte er die Notwendigkeit Texte zu diesem Thema zu verfassen. Luther folgt hier Argumentationslinien, die auch von anderen theologischen Denkern benutzt wurden. Er unterscheidet den frommen Christenmenschen von seinen Mitmenschen und weist der weltlichen Herrschaft der Fürsten die Disziplinierung letzterer zu, da ja erstere keine Disziplinierung benötigen. Er schränkt die weltliche Macht damit auch auf diese Aufgabe und die Fürsorge für die Bürger*innen ein. Der Fürst sollte nach Luther auch ein frommer Christ sein, der sich um das Wohlergehen seiner Untertanen kümmert.

Luthers Theorie ist anti-klerikal, weil sie sich gegen ein Primat der Kirche wendet, anti-etatistisch, weil sie die Macht der Fürsten auf reine Disziplinierung einschränkt und anti-utopisch, weil sie sich von der Idee distanziert, dass die Reformation automatisch auch einen Bruch mit der politischen Ordnung seiner Zeit geben muss.

WRINT: Politikunterricht LK – Thomas Morus

Thomas Morus war der Lordkanzler von Heinrich VIII, und einer der hervorragendsten katholischen Denker Englands in der frühen Renaissance. Er war praktischer Politiker für Heinrich VIII und formulierte eine politische Alternative in seinem Werk Utopia. Das Buch handelt von einer fiktiven Insel, und deren politischen Systems.

Morus stellt hier eine alternative Weltsicht vor, in der politische Probleme durch gesellschaftliche Ordnung gar nicht erst entstehen sollen. Die Idee von Utopia steht also der grundsätzlichen Wahrnehmung von Politik als Problemlösung entgegen, in dem sie versucht soziale Ungleichheiten und Konflikte durch die Gestaltung der Gesellschaft nicht entstehen zu lassen. Er formuliert also eine Idee, in der Herrschaft an sich unnötig ist, da es keine Gründe zur Regelung des Gemeinwesens gibt. Diese Vorstellung ist im Kontrast zu Morus’ Arbeit als Lordkanzler zu sehen, die zentral mit der Regierung eines Landes zu tun hatte.

WRINT: Politikunterricht LK – Niccoló Macchiavelli

Der Name Macchiavelli ist mit der Idee der absoluten Machterhaltung verbunden. Er vertritt diese Idee in seinem Werk il Principe tatsächlich, allerdings muss dies im Kontext der Zeit und des Autors gelesen werden.

Macchiavelli war ein hoher Regierungsbeamter unter Cesare Borgia und verlor sein Amt nach der Machterlangung der Medici. Das Italien des 15. Jahrhunderts war geprägt von instabilen politischen Verhältnissen und Kriegen, die auf der Basis von Söldnerheeren geführt wurden. In diesem Umfeld formuliert Macchiavelli sein Hauptwerk, in dem er sich mit dem Verwalten verschiedener Arten von Herrschaftsgebieten beschäftigt.

Il Principe ist damit zum einen eine Art Fürstenspiegel, der Herrschern hinweise geben sollte, wie  sie am beten herrschen, zum anderen auch eine Empfehlung für Macchiavelli als Staatsmann. Er verfolgt im Text immer klare Unterscheidungen zwischen verschiedenen Typen von Herrschaften und stellt die grundlegende Frage, wie man in diesen als Herrscher die eigene Position sichert.

Er unterscheidet bereits vorhandene Reiche und neu-erworbene Reiche. Letztere werden noch einmal unterschieden, während er den Herrschern von ersteren empfiehlt das Volk freundlich zu behandeln, damit man lange an der Macht bleibt. Die neu-erworbenen Reiche unterteilt er in welche, die man geschenkt bekommt und welche, dieman selbst erwirbt. Während man in ersteren auch vorsichtiger umgehen muss, sollte der Herrscher in letzteren laut Macchiavelli jede Chance nutzen, seine Herrschaft zu sicher, egal wie unmoralisch diese sei. Die Sicherung der Herrschaft sei hier wichtiger als moralische Überlegungen.

Es ist dieser letzte Gedanke, der als Macchiavellismus verstanden wird, aber auch klar macht, es geht um einen spezifischen politischen Sachverhalt, der für die Zeit von Macchiavelli prägend war, aber nicht einfach übertragbar ist. Und damit ist auch nur die pragmatische Herangehensweise an die Sicherung von Herrschaft die zentrale Botschaft, die man bei Macchiavelli finden kann. Im Gegensatz zu großen moralischen und philosophischen Überlegungen stellt er eine pragmatische Sicht auf Herrschaft als Funktion und Aufgabe in den Mittelpunkt.

WRINT: Politikunterricht LK – Thomas von Aquin

Thomas von Aquin ist der erste mittelalterliche Politikphilosoph, der nicht direkt an Augustinus oder Platon anschloss. Nachdem die Politik von Aristoteles entdeckt wurde, beschäftigt er sich mit einer Synthese aristotelischer und der christlichen Theologie. In seinem Werk De regno ad regem Cypri argumentiert er nicht theologisch, sondern staatsphilosophisch. Während die christliche Auslegung von Herrschaft, vom Sündenfall aus gedacht ist, geht Thomas von Aquin davon aus, dass die menschliche Vernunft Gottes zentrale Gabe an die Menschen ist, und es deswegen Gottes Werk ist, diese für das Gute der Gesellschaft zu benutzen.

Allerdings stellt Thomas fest, dass sich die Welt seit der Antike gewandelt hat. Die Vernunft ist wichtig um das gemeinsame Zusammenleben in einer arbeitsteiligen Gesellschaft zu gewährleisten und der Herrscher muss diese Vernunft zum Wohle der Gesellschaft einsetzen. Das Wohl der Gemeinschaft ist das Telos eines legitimen Herrschers. Erfüllt er dies nicht, ist er Tyrann, und gehört von allen Mitgliedern der Gesellschaft abgesetzt. Allerdings spricht sich auch Thomas von Aquin für ein Königtum aus, da er die Stabilität einer Alleinherrschaft als wichtiger bewertet als die Möglichkeit viele Teilnehmer einzubinden.

Thomas von Aquin macht also eine mittelalterliche Erneuerung der Gedanken von Aristoteles und stellt sich damit auch gegen Augustinus und dessen Trennung von göttlichem Willen und gesellschaftlicher Regelung. Er stellt die gottgegebene Vernunft als Werkzeug der Politik in den Vordergrund.

Die passende Sendung: WR1203 Thomas von Aquin

WRINT: Politikunterricht – Extremismus 2021

Link zur Podcastfolge

Dies ist die Überarbeitung des Extremismuskapitels. Extremismus umfasst viele unterschiedliche Ideen, die demokratische Verfassungsstaaten ablehnen oder in Frage stellen. Dabei sind die Konzepte und Wirkungen sehr unterschiedlich. Im Folgenden sollen verschiedene politische Extremismen vorgestellt werden.

Linksextremismus

Zum linksextremistischen Spektrum gehören verschiedene Gruppierungen, die in ihren extremsten Ausführungen Nationalstaatlichkeit und das Gewaltmonopol des Staates ablehnen. Meist findet sich auch eine tiefe Kritik des kapitalistischen Wirtschaftssystems und seiner Ausprägungen. Gewaltakte im Linksextremismus sind sehr häufig Sachbeschädigung, aber auch Körperverletzungen. Sehr oft finden sich Menschen aus dem linksextremen Spektrum in Auseinandersetzungen mit der Polizei oder anderen Vertretern des Staates. Parteien im linksextremen Spektrum sind die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) und die marxistisch-leninistische Partei Deutschlands (MLPD). Dazu gibt es viele eigenständige Gruppierungen mit unterschiedlichsten Zielen.

Rechtsextremismus

Rechtsextreme Gruppierungen sind meist hierarchisch organisiert. Ihre Ziele sind eine Rückkehr zu autoritärer Führerherrschaft und ihre Ideologien sind von Feindlichkeit gegenüber verschiedenen, von ihren Mitgliedern als abnormal und minderwertig wahrgenommenen, Gruppen von Menschen. Klassische Ideologien sind hier Antisemitismus, Rassismus und Hass auf Menschen aus dem LGBTQ* Spektrum. Es besteht eine starke ideologische Affinität zum Nationalsozialismus. Gewaltakte, die mit Rechtsextremismus verbunden werden sind Sachbeschädigung, Körperverletzung, Totschlag und Mord. Diese werden auch oft organisiert durchgeführt. Es gibt in der rechtsextremen Szene eine starke Binnenvernetzung und die Tendenz zur Unterwanderung staatlicher Institutionen.

religiöser Fundamentalismus

Vertreter*innen verschiedener Religionsgemeinschaften verabsolutieren die Lehren und Ideen dieser Gemeinschaften bis zur Verfassungsfeindlichkeit. Dabei unterscheiden sich politische Motive und der Modus des Vorgehens je nach Gruppe. Die größten Beispiele sind Islamismus und evangelikale Christen.

neue extremistische Bewegungen

Es ist noch nicht ganz klar, wie Bewegungen, die während und vor der Covid-19 Pandemie 2020/2021 Prominenz erworben haben, entstanden sind. Bekannte Beispiele sind die QAnon-Bewegung und die Querdenker-Bewegung. Beiden ist gemein, dass hier Verschwörungstheorien zu politischen Protesten führen. Dabei ist nicht ganz klar, wie stark irrationale Proteste und damit verbundene politische Forderungen und auch deren Bedienung durch Politiker*innen Demokratien gefährden. Die Erosion der gemeinsamen gesellschaftlichen Diskursbasis ist auf jeden Fall kritisch zu bewerten.

WRINT: Poitikunterricht LK – Augustinus

Augustinus ist einer der ersten christlichen Denker, der sich mit politischer Philosophie auseinandersetzt. Sein Antrieb dafür ist aber weniger das philosophische Denken über Politik als eine Verteidung des christlichen Glaubens. In seinem Werk de civitate dei formuliert er eine Idee, die den philosophischen Vorstellungen der griechischen und römischen Denker gegenüber steht.

Als christlicher Denker, beschäftigt er sich mit der Trennung der göttlichen Stadt (civitate dei) und der irdischen Stadt (civitate terrena). Er macht das Argument, dass die Zugehörigkeit einer Person zur civitate dei nicht einfach herauszufinden, aber die Grundlage für Gerechtigkeit ist. Somit kann es laut Augustinus keinen gerechten Staat geben, denn nicht alle Menschen, und auch nicht alle Herrscher gehören zur einzig gerechten civitate dei. Das bringt Augustinus zu dem Schluss, dass jeglicher politischer Zusammenschluss an sich ungerecht ist, und deswegen die bisher zentrale Frage der politischen Philosophie nach der gerechten Herrschaft, sich eigentlich nicht stellt. 

Aus seiner Sicht kann eine gerechte Herrschaft nur im Nachleben unter Gott geschehen, und selbst wenn Herrschende und alle Teile der Bevölkerung Teil der civitate dei sind, denkt Augustinus nicht, dass dieser Staat gerecht sein kann.