Eine Aufgabe des Politikunterricht ist es politische Urteilsfähigkeit herzustellen. Das ist anspruchsvoller als man denkt, denn ein politisches Urteil sollte mehr sein als eine einfache Meinungsäußerung.
Meinungen kann man einfach haben, ein Urteil sollte eigentlich begründet und durchdacht sein. Allerdings gehört zur Politik auch immer die policy, also eine Ideologie oder Meinung. Diese sollte aber den Fakten nachgelagert sein. Deswegen empfiehlt sich hier die I-F-P Methode:
- Informationen sammeln
- Folgen abschätzen
- Prioritäten festlegen
Wie man hier sieht, werden erst Fakten analysiert, dann eine Prognose erstellt und dann erst ideologische und ethische Prinzipien als Basis für die Entscheidung zu Rate gezogen. Die können sehr unterschiedlich aussehen, was bedeutet, dass zum Beispiel eine neoliberale Ideologie zu anderen Entscheidungen führt als eine sozialistische Einstellung und aus der Sicht der politischen Bildung ist die Ideologie erst einmal egal, so lange das Urteil unter der Berücksichtigung aller Fakten getroffen wurde. Der Beutelsbacher Konsens sagt hier, dass die Befähigung zum Urteil das Ziel ist, nicht die ideologische Ausrichtung des Urteils.
Allerdings kann man noch eine Bewertung der moralischen Komplexität eines Urteils treffen. Diese basiert klassischerweise auf der entwicklungspsychologischen Theorie von Lawrence Kohlberg. Kohlberg entwickelt eine Theorie der Moralentwicklung in der er drei Stufen mit Unterstufen aufmacht:
Auf der präkonventionellen Ebene richtet sich das Urteil primär nach dem eigenen Wohlbefinden. Es geht also nur darum eigenen Schmerz zu vermeiden oder aber die Gefühle anderer zu einem zu spiegeln.
Auf der konventionellen Ebene orientiert sich das Urteil an Regeln und deren Einhaltung. Entweder daran, dass man ein guter Mensch ist oder, aber an den herrschenden Gesetzen.
Auf der postkonventionellen Ebene orientiert sich das Urteil dann an übergeordneten moralischen Prinzipien, wie den Gesellschaftsvertrag oder sogar übergeordneten ethischen Prinzipien.
Ein politisches Urteil sollte natürlich idealerweise auf der postkonventionellen Ebene gefällt werden, da aber die meisten Menschen sich eher auf der konventionellen Ebene befinden, ist das dann der Standard. Ähnlich wie oben ist aus Sicht der politischen Bildung das Fällen eines Urteils auf der postkonventionellen Ebene wieder erst einmal gleichwertig einem auf der konventionellen Ebene.
Weiterführende Links:
Arbeitsblatt „Urteil und Dilemma“ der Bundeszentrale für politische Bildung