WRINT: Politikunterricht – Was ist Demokratie?

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Demokratie ist eine von mehreren Regierungsformen, die Staaten aufweisen können. In der klassischen Staatsformenlehre von Aristoteles war Demokratie (von demos (Volk) und kratein (Herrschaft) aus Begriffsgründen eine entartete Form der Volksherrschaft. Er entwickelte folgendes System:

cc-by Thomas Brandt

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Aus diesem ergibt sich auch die klassische Idee des Verfassungszyklus. Eine gerechte Einzelherrschaft entartet langsam, wird dann von einer Gruppe abgelöst, die irgendwann nur noch die eigenen Ziele im Blick haben und dann vom Volk abgelöst werden. Der Pöbel setzt sich aufgrund seiner Masse durch und irgendwann kommt ein starker Herrscher, der aufräumt.

Die Demokratie selbst gibt es in zwei Arten. Die direkte Demokratie sieht die Herrschaftsausübung direkt in der Hand der einzelnen Bürger, während die indirekte oder repräsentative Demokratie vorsieht, dass gewählte Volksvertreter die Herrschaft ausüben.

In allen modernen Verfassungsstaaten, die man als Demokratie bezeichnen kann finden sich repräsentative Systeme, die mehr oder minder starke direkte Züge tragen. Dies ergibt sich hauptsächlich aus pragmatischen Überlegungen, da die modernen Bevölkerungszahlen und die Komplexität moderner politischer Entscheidungen kaum eine Wahl lassen, als Gesetze von wenigen spezialisierten Beauftragten beschließen zu lassen. Diese müssen aber immer noch dem Volk verpflichtet sein.

Dazu gibt es einige Nebenbedingungen, die dafür sorgen, dass eine Demokratie auch wirklich ihren Zweck erfüllen kann. Diese sind in den anderen Staatsstrukturprinzipien des Grundgesetzes zu finden. Ohne Rechtsstaat, Sozialsstaat und Bindung an das Grundgesetz ist eine wirkliche Demokratie nicht möglich.

WRINT: Politikunterricht – Wie sieht der deutsche Sozialstaat aus?

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Artikel 20 des Grundgesetzes sagt in Satz 1:

Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

Dieser Satz begründet auch das Prinzip des Sozialsstaates, das aber ansonsten im Grundgesetz nicht näher definiert wird. Generell wird heutzutage angenommen, dass dem Sozialstaatsprinzip genüge getan wird, in dem es die verschiedenen Sozialversicherungen gibt und der Staat dazu noch für eine Grundversorgung und besondere Gruppen der Bevölkerung ((Behinderte, Kriegsversehrte oder Waisen)) zuständig ist.

Das Sozialversicherungssystem wird generell als der Kern des Sozialstaats gesehen. Es besteht aus fünf Versicherungen:

  • Krankenversicherung
  • Pflegeversicherung
  • Rentenversicherung
  • Arbeitslosenversicherung
  • Unfallversicherung.

Die Krankenversicherung und die Pflegeversicherung haben die Aufgabe für Krankheits- und Pflegekosten aufzukommen. Während die Krankenversicherung schon von Bismarck eingeführt wurde, kam die Pflegeversicherung erst in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts eingeführt um die erhöhten Kosten der Pflege von bedürftigen Personen zu finanzieren. Die Krankenversicherung ist in Deutschland keine Versicherung, die allgemein gilt, sondern nur für bestimmte Bevölkerungsgruppen. Selbständige, Freiberufler, Künstler, Beamte und Menschen, die nichtselbständig über einem Jahresentgelt von 54.900€ verdienen, können sich auch privat krankenversichern.

Die Rentenversicherung sichert das Auskommen von Menschen im Alter ab. Heutzutage bekommt jeder sozialversicherte Deutsche Rente. Das bedeutet auch, dass Freiberufler, Beamte und Selbständige nicht in die Rentenversicherung einzahlen automatisch davon frei sind, und sich anderweitig absichern müssen. Die Rente richtet sich nach den eingezählten Beiträgen und dem Renteneintrittsalter. Dabei wird von der Rentensumme Geld abgezogen, wenn man früher als zum normalen Renteneintrittsalter in die Rente eintritt. Das bedeutet, dass beim derzeitigen Renteneintrittsalter von nominell 67 Jahren ((Es gibt hier eine Ausnahme für Arbeitnehmer in schweren körperlichen Berufne, die ungeachtet des Alters nach 45 Jahren in diesen Berufen in Rente gehen können.)), jedes Jahr früher vom Rentenbeitrag abgezogen wird. Da sich das reale Renteneintrittsalter kaum ändert, wird hiermit unter anderem die Rentenhöhe durch den Staat beeinflusst.

Die Arbeitslosenversicherung ist dafür zuständig sozial versicherte Arbeitnehmer abzusichern, die ihre Arbeit verloren haben. Die aktuelle Arbeitslosenversicherung bietet für Arbeitnehmer, die mindestens ein Jahr sozialversicherungspflichtig angestellt waren. Diese erhalten eine Leistung, die den durchschnittlichen Entgelten in dieser Zeit minus den Sozialbeiträgen für die Sozialversicherungen entspricht, ungefähr 60-67% des letztjährigen Nettoentgeltes. Die Leistungen werden zeitliche gestaffelt nach der Dauer der vorherigen Beschäftigung gezahlt. Zusaätzlich zu diesen Leistungen bietet die Arbeitslosenversicherung auch noch Leistungen wie Insolvenzgeld und Kurzarbeitergeld.

Nach dem Arbeitslosengeld gibt es nur noch Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, das sogenannte Arbeitslosengeld II besser bekannt als HARTZ IV. Der Fall vom Arbeitslosengeld in das ALG II kann sehr hoch sein, wenn vorher viel Geld verdient wurde. Selbständige und Freiberufler haben normalerweise nur einen Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn sie freiwillig in das System eingezahlt haben, ansonsten fallen sie sofort in das Arbeitslosengeld II. Dies ist insbesondere problematisch, weil Vermögen, jenseits gewisser geschützter Vermögensteile, unter ALG II erst verbraucht werden muss, bevor der Staat in Leistungen tritt. Das bedeutet, dass eine längere Arbeitslosigkeit zum Verlust eines Großteils des persönlichen Vermögens führen kann, ohne dass der Staat Ausgleichsleistungen vornimmt.

Dank an Peter für die guten Hinweise in den Kommentaren.

Die Unfallversicherung sichert abhängig beschäftigte Arbeitnehmer gegen die Konsequenzen von Arbeitsunfällen und Wegeunfällen ab.

Finanzierung der Sozialversicherungen

Die Sozialversicherungen werden umlagefinanziert. Das bedeutet, dass die aktuellen Einzahler für die Leistungen, die die aktuellen Empfänger empfangen, aufkommen müssen. Dabei galt lange Zeit, dass Arbeitgeber wie Arbeitnehmer die selben Prozentbeiträge auf das Gehalt des Arbeitnehmers abführen mussten. Durch Reformen wurde allerdings die Krankenversicherung für die Arbeitgeber gedeckelt, so dass heutzutage die Arbeitnehmer anteilig mehr in die Kassen einzahlen als die Arbeitgeber.

Probleme der Sozialversicherung

Die Sozialversicherungssysteme leiden unter mehreren Problemen. Das bekannteste ist das demographische Problem. Durch die Überalterung der Gesellschaft gibt es immer mehr alte Menschen, die einen Anspruch auf Rentenversorgung haben und von einer sinkenden Anzahl an jungen sozialversicherten Menschen bezahlt werden müssen. Dadurch steigt automatisch die Last für junge Arbeitnehmer und das Rentenniveau kann innerhalb der Systemlogik nicht dauerhaft gehalten werden.

Erschwerend kommt hinzu, dass gerade die Bürger, die gut verdienen, also Selbständige, Beamte und hochdotierte Freiberufler nicht in das staatliche Sozialversicherungssystem einzahlen und somit die Schieflage in der Finanzierung noch kritischer wird.

Lösungsansätze für diese Problematik sind: höhere private Selbstversorgung, niedrigere Renten und Arbeitslosensätze oder radikal Systemänderungen wie das bedingungslose Grundeinkommen.

Das Arbeitsblatt, das in der Sendung erwähnt wird, findet ihr übrigens bei der Bundeszentrale für politische Bildung. Die passende Folie findet ihr hier.

WRINT: Politikunterricht – Was ist Gewaltenteilung?

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Aus den absolutistischen Herrschaften der frühen Neuzeit kam die Erfahrung, dass eine Vereinigung der verschiedenen Gewalten in einem Staat eine Gefahr für die Freiheit des Volkes ist. Denn dann kann staatliche Willkür von denjenigen ausgeübt werden, die diese Gewalten in ihrer Hand haben.

Dieser Idee setzen die Denker der Aufklärung die Idee der Gewaltenteilung entgegen. Da die Aufklärung die Freiheit des Menschen in den Mittelpunkt der philosophischen Betrachtung rückt, stellt sie auch fest, dass ein Staat in dem die Gewalt nicht geteilt ist, diese Freiheit maximal beschränken kann.

Der erste Philosoph, bei dem sich eine Idee von Gewaltenteilung findet, ist John Locke, der in seinem Second Treatise on Government die Exekutive von der Föderative trennt. Hierbei bestimmt die Föderative über die Gemeinschaft und erkläre Krieg und Frieden, während die Exekutive die Gesetze ausführt. Im Staat selbst trennt Locke dann noch die Legislative von der Prärogative, die der Exekutive zugeordnet unabhängig für das öffentliche Wohl handeln soll.

Eine, der modernen Sicht sehr ähnliche Idee der Gewaltenteilung formulierte dann erst Montesquieu. Er legt in seinem Werk Vom Geist der Gesetze eine Trennung von Gesetzgebung, Gesetzesausführung und Gesetzesauslegung also Legislative, Exekutive und Judikative. Montesquieu sagt dazu:

„Freiheit gibt es auch nicht, wenn die richterliche Befugnis nicht von der legislativen und von der exekutiven Befugnis geschieden wird. Die Macht über Leben und Freiheit der Bürger würde unumschränkt sein, wenn jene mit der legislativen Befugnis gekoppelt wäre; denn der Richter wäre Gesetzgeber. Der Richter hätte die Zwangsgewalt eines Unterdrückers, wenn jene mit der exekutiven Gewalt gekoppelt wäre.“ – 

Vom Geist der Gesetze (De l’esprit des lois), XI, 6

WRINT: Politikunterricht – Was ist der deutsche Rechtsstaat?

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Das Wort Rechtsstaat wird sehr häufig in der alltäglichen Diskussion über Politik und Justiz verwendet.  Dabei werden viele Vorstellungen über das übergestülpt, was tatsächlich einen Rechtsstaat ausmacht. Technisch ist ein Rechtsstaat nämlich erst einmal weniger romantisch als das gedacht wird, aber nichtsdestotrotz ist er sehr wichtig dafür, dass wir überhaupt einen demokratischen Staat aufbauen können. Der Rechtsstaat besteht aus verschiedenen einzelnen Prinzipien, die alle erfüllt sein müssen, damit man von einem vollständigen Rechtsstaat reden kann.

Rechtsgleichheit

Das Prinzip der Rechtsgleichheit bedeutet, dass jeder Mensch vor dem Gesetz gleich ist. Dieses beruht auf der einen Seite auf Art. 3 (1), auf der anderen auf der Erkenntnis, dass in einem demokratischen Staat jede rechtliche Bevorzugung von einzelnen Bürgern dazu führt, dass das komplette Staatssystem in Zweifel gezogen werden kann. Nur wenn jeder vor dem Gesetz gleich ist, kann auch verlangt werden, dass Gesetze ernst genommen werden.

Rechtssicherheit

Eine andere Garantie, die ein Rechtsstaat geben muss, ist Rechtssicherheit. Diese garantiert, dass für eine Tat oder einen Fall immer dasselbe Gesetz Anwendung findet und dieses Gesetz zwar immer neu ausgelegt wird, aber Recht nur im Rahmen dieses Gesetzes gesprochen werden kann. Probleme für die es keine Gesetze gibt, können nicht verhandelt werden und Gerichte können auch nicht über die Inhalte der Gesetze hinaus gehen. Oder um es mit Artikel 20 GG zu sagen:

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

Garantie des unabhängigen Richters

Zu einem Rechtsstaat gehört dazu auch die Garantie eines von den anderen Staatsorganen unabhängigen Richters. Die anderen Prinzipien besitzen nämlich keinen Wert, wenn die Personen, die Recht sprechen selbst beeinflussbar sind, und damit dieser Aufgabe nicht neutral nachkommen können.

Gewaltenteilung

Wie man am obigen Beispiel sehen kann, kann ein Rechtsstaat schwer ohne eine Trennung der staatlichen Gewalten existieren. Ohne diese Trennung können die anderen Prinzipien des Rechtsstaats nicht wirklich durchgesetzt werden. Deswegen ist Gewaltenteilung eher eine Voraussetzung als ein Prinzip des Rechtsstaats.

WRINT: Politikunterricht – Was ist der Verfassungskern? feat. der Bundesstaat

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Änderungen am Grundgesetz sind nicht einfach zu bewerkstelligen. Sie erfordern laut Art. 79 GGeine zwei-Drittel Mehrheit in Bundestag und Bundesrat. Doch es gibt sogar bestimmte Grundgesetzartikel, die nicht gar nicht geändert werden können. Diese Regelung findet man in Artikel 79,(3):

(3) Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 

1 und 

20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.

Damit ist sichergestellt, dass Deutschland auf ewig die freiheitlich-demokratische Grundordnung behält, die in Artikel 1 und 20 festgelegt wird. Deswegen wird Art. 79,(3) auch Ewigkeitsklausel und diese Grundprinzipien der Verfassungskern genannt. Aus den Grundsätzen von Artikel 1 und 20 leiten sich dann Staatsstrukturprinzipien der Bundesrepublik ab:

by-cc Thomas Brandt

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Der Bundesstaat ist unter diesen Prinzipien eines der einfacheren. Die Bundesstaatlichkeit sagt, dass Deutschland immer aus mehreren Bundesländern bestehen muss und, dass diese einen Einfluss auf die Gesetzgebung haben. Dies findet sich im Verfassungsorgan des Bundesrates und in der konkurrierenden Gesetzgebung zwischen Bund und Ländern. Dazu ist der deutsche Bundesstaat auch nach dem Prinzip der Subsidiarität aufgebaut. Das bedeutet, dass die jeweils kleinste politische Einheit, die für ein Problem zuständig sein kann es auch ist. Die Gliederung Deutschlands in Bund, Länder und Kommunen ermöglicht es damit einfacher und flexibler auf politische Probleme einzugehen.

WRINT: Politikunterricht – Was für Grundrechte haben wir?

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Das Grundgesetz legt in den ersten 19 Artikeln die Grundrechte fest, die in Deutschland gelten. Diese Grundrechte sind hauptsächlich als Schutzrechte gegenüber dem Staat zu sehen und fundieren alle auf der Feststellung des Artikel 1, Satz 1 Grundgesetz: ((Alle zusammen bitte!))

Die Würde des Menschen ist unantastbar. GG Art. 1,1

Der deutsche Staat hat die Würde aller Menschen zu schützen und es steht außerhalb jeglicher Debatte, ob diese Würde angerührt werden kann. Es ist gängige Rechtsauffassung, dass diese Würde durch die weiteren Grundrechte im Grundgesetz definiert wird. Liest man sich diese weiteren Grundrechte durch, stellt man fest, dass ein paar sich auf alle Menschen beziehen und damit Menschenrechte sind und ein paar sich nur auf Deutsche beziehen und damit nur Bürgerrechte sind.

by-nc-nd Bundeszentrale für politische Bildung

by-nc-nd Bundeszentrale für politische Bildung

Eine aktuelle Version des Grundgesetzes findet sich immer bei de jure.

WRINT: Politikunterricht – Wie schaut die deutsche Verfassungsgeschichte aus?

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Wie immer am Anfang der Link zum Arbeitsblatt aus der Folge: Das Grundgesetz für Einsteiger und Fortgeschrittene, wir bearbeiteten Blatt 20.

Hoffentlich jeder Deutsche kennt seine aktuelle Verfassung, das Grundgesetz. Doch Deutschland besaß vor dem Grundgesetz schon mehrere Verfassungen und jede dieser Verfassungen spiegelt nicht nur deutsche Geschichte sondern auch ein Denken über Politik wider. Die deutsche Verfassungsgeschichte zeigt auch einen politischen Wandel an dessen Ende das Grundgesetz steht.

Paulskirchenverfassung

Die erste Verfassung, die in Deutschland geschrieben wurde, war die Paulskirchenverfassung von 1848. Nach der Märzrevolution fand sich in der Paulskirche in Frankfurt am Main zum ersten Mal eine verfassungsgebende Nationalversammlung zusammen. Die Verfassung erhielt einen Grundrechtekatalog und zielte auf Demokratisierung und Nivellierung von Ständeunterschieden. Sie scheiterte an einer wiedererstarkten Monarchie, die sie schlicht ignorierte und die alte Ordnung durch militärischen Druck aufrecht erhielt.

Bismarcksche Reichsverfassung von 1871

Nach der Vereinigung des deutschen Reiches im Jahre 1871 schrieb Otto von Bismarck die Verfassung des deutschen Reiches. Im Gegensatz zur Paulskirchenverfassung ist die Basis dieser Verfassung nicht in bürgerlichen Revolutionen zu suchen, sondern in der Wiedervereinigung des deutschen Kaiserreiches. Damit steht hier keine demokratische Volksermächtigung sondern die Legitimation der herrschenden Verhältnisse im Vordergrund. Die Verfassung regelt primär die Verwaltung des Reiches als Bundesstaat und zeigt damit auf die Tradition Deutschlands als solcher. Die Bundesstaaten waren immer noch eigenständige Verwaltungseinheiten und so regelte die Verfassung zum Beispiel keine Grundrechte, weil diese auf Länderebene besser zu verhandeln waren. Es gab demokratische Elemente und ein allgemeines Wahlrecht für Männer über 25 Jahre, allerdings war der demokratisch gewählte Reichstag eher zahnlos, da er vom Kaiser jederzeit aufgelöst werden konnte und dies der Kaiser auf Raten seines Reichskanzlers auch tat. Die Verfassung von 1871 verankert das föderative Element, das Deutschland bis heute hat.

Weimarer Reichsverfassung

Das deutsche Reich stürzt 1914 in den ersten Weltkrieg und fällt 1918 in sich zusammen. Im Juli 1919 gibt sich die sogenannte Weimarer Republik eine neue Verfassung. Diese Verfassung des deutschen Reiches ist erstaunlich modern und bildete in vielen Hinsichten ein Vorbild für das Grundgesetz. Es gab hier schon ein allgemeines Wahlrecht, das Frauen einschloss, und einen langen Grundrechtekatalog. Die Probleme, die die Weimarer Verfassung am Ende durch die Nationalsozialisten entkernen ließen, waren struktureller Natur.

Ermächtigungsgesetze

Die Ermächtigungsgesetze der Nationalsozialisten, darunter das wohl bekannteste Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich sind eigentlich keine Verfassung sondern stellen die Entmächtigung und Entkernung einer Verfassung dar. Die Gesetze waren zwar politische Praxis, aber eigentlich nicht in der Weimarer Reichsverfassung vorgesehen. Sie wurden am Ende auch benutzt um die Weimarer Reichsverfassung auszuhebeln und eine Diktatur in Deutschland zu installieren. Im Endeffekt wurde unter dem Vorwand des Notstandes einmal die Demokratie und die Grundrechte ausgehebelt.

Das Grundgesetz

Nach dem Europa unter deutscher Anleitung das zweite Mal in Scherben lag, gab sich 1949 die Bundesrepublik Deutschland ((Die Verfassung der DDR ist ein Extrathema. Ich verlinke hier den Wikipediaartikel zur Vollständigkeit.)) ein Grundgesetz. Grundgesetz deswegen, weil man sich keine Verfassung geben wollte, solange Deutschland nicht wieder vereinigt ist. Wir haben immer noch ein Grundgesetz, weil die Wiedervereinigung keine neue Verfassungsgebung ausgelöst hat. Das Grundgesetz ist die aktuelle Verfassung der Bundesrepublik Deutschland und Ergebnis der dieser Verfassungsgeschichte, vor allem der Schwächen der Weimarer Verfassung. Es besitzt die föderative, demokratische und Sicherungselemente gegenüber verfassungsfeindlichen Bestrebungen und stellt damit das Ende der dargestellten geschichtlichen Entwicklung dar.

WRINT: Politikunterricht – Exkurs: Wie sieht die deutsche Altersstruktur aus?

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Ein Begriff, der in den letzten Jahren in den allgemeinen Sprachgebrauch gewandert ist, ist der des demographischen Wandels. Dieser bezeichnet einen Prozess, der sich in der Entwicklung der Altersstruktur Deutschlands und vieler anderer moderner Industriestaaten abspielt.

Die Entwicklung lässt sich am besten an den demographischen Daten des statistischen Bundesamts erkennen.

Spult man zu den Daten von 1950 zurück, kann man noch erkennen, dass sich die Bevölkerung tatsächlich pyramidenförmig verteilt. Es gibt klare Einschnitte für den 1. und 2. Weltkrieg, besonders bei den Männern und natürlich ist die angenommene Pyramidenform, die man gerne mal für das Jahr 1910 zu sehen bekommt idealisiert.

In den Daten von 1980 kann man dann einen eindeutigen Geburtenrückgang erkennen, der auf die Einführung von Verhütungsmitteln zurückzuführen ist. Dieses Phänomen kennt man auch als den Pillenknick.

Im weiteren Verlauf der Daten kann man nun die Charakteristiken des demographischen Wandels erkennen: einen Rückgang der Geburtenraten und eine Überalterung der Gesellschaft. Dieses Phänomen führt dazu, dass sich die „Pyramide“ langsam in einen Pilz verwandelt in dem der jüngere Teil der Bevölkerung im Vergleich zu älteren immer kleiner wird. Dies stellt unsere Gesellschaft langfristig vor neue politische, aber auch soziale Probleme, da immer mehr ältere Menschen gepflegt und betreut werden müssen und umlagefinanzierte soziale Sicherungssysteme nicht mehr finanziert werden können.

WRINT: Politikunterricht – Exkurs: Wie kann man sozialen Status analysieren?

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Bevor es losgeht: Die Arbeitsblättersammlung, die wir benutzen findet man bei der Bundeszentrale für politische Bildung. Da die Illustrationen dort genehmigt sind und das Herunterladen nichts kostet, stelle ich sie hier nicht noch einmal rein.

Mit jeder Zunahme der vertikalen sozialen Mobilität, haben sich neue Begriffe und Strukturerklärungen für die einzelnen sozialen Statusgruppen ergeben. Die moderne Analyse sozialer Mobilität fängt eigentlich erst mit Karl Marx und seinem Klassensystem an. Allerdings ist das auch etwas veraltet.

Soziale Schichten

In den modernen Gesellschaften sind die vorherrschenden Theorien über die soziale Struktur an das Einkommen und Vermögen gebunden. Die bekannteste Art über soziale Unterschiede zu denken sind die sozialen Schichten. Das Schichtenmodell geht auf Ralf Dahrendorf zurück und wurde noch einmal von Rainer Geißler verfeinert. Es wird klassisch als ein Haus dargestellt, dass zeigt, dass die unteren Schichten breiter in der Gesellschaft vertreten sind als die Eliten. Dazu werden die einzelnen Schichten nach den Aufgaben in der Gesellschaft differenziert. Geißler hat einen kompletten Anbau für ausländische Mitglieder der Gesellschaft an das Haus angefügt, um es für die Moderne anzupassen. Das Haus besitzt übrigens auch einen Keller für diejenigen Teile der Bevölkerung, die unterhalb der Armutsgrenze leben.

soziale Milieus

Während das Schichtenmodell primär nach Einkommen und Art des Broterwerbs unterscheidet, richten sich die Sinus Milieus nach dem Einkommen und der Einstellung der verschiedenen sozialen Gruppen zur Gesellschaft. Da sich diese Einstellungen regelmäßig ändern hat das Sinus Institut, das diese Milieus entwickelt hat und analysiert, ein gutes Geschäftsmodell aufbauen können. Es gibt also eher konservativ-traditionalistische Milieus, eher Milieus des Mainstreams und auch progressive Milieus, die dem Mainstream gesellschaftlich voraus zu sein und die Entwicklung der Gesellschaft voranzutreiben scheinen. Gerade die Werbewirtschaft und die Marktforschung findet diese Analysen nützlich. Sie zeigt aber auch, welche gesellschaftlichen Strömungen sich in der Gesellschaft befinden.

Sozialer Status nach Pierre Bourdieu

Pierre Bourdieu erstellte, basierend auf der Kapitalidee von Karl Marx, eine Sozialstatusanalyse, die neben dem Vermögen, auch noch das sogenannte kulturelle und soziale Kapital benutzt um eine Person einen sozialen Status zuzuordnen.

Bourdieu Kapital

Die verschiedenen Kapitalsorten lassen sich unter Verlusten ineinander umtauschen. Das bedeutet, dass Bildung und soziales Netz in Vermögen umgetauscht werden können, aber auch in jeder anderen Kombination.

Die feinen Unterschiede

Bourdieu geht allerdings sogar noch weiter. Er entwickelt das Konzept des sozialen Habitus den jeder Mensch sich aneignet und der dann einen weiteren Wechsel sozialer Statusgruppen verhindern kann. Es geht dabei um die Idee, dass jeder Mensch bestimmt Werte und Ansichten erwirbt, die ihn dann von Menschen aus anderen Statusgruppen unterscheiden. Ein Aufstieg in andere soziale Gruppen ist also gar nicht so einfach und unproblematisch möglich, wie es erscheint. Es gibt hier auch noch den Habitus als heimlichen sozialen Code, den man auch erlernen muss. In ihrem Podcast In trockenen Büchern erklärt Alexandra Tobor dies noch genauer.

Statusinkonsistenz

In der modernen Gesellschaft kann es immer wieder vorkommen, dass Menschen einen sozialen Status besitzen, der von den Kriterien, die sie aufweisen nicht erwartbar ist. Dies wird als Statusinkonsistenz bezeichnet. Meist handelt es sich um eine Diskrepanz zwischen Bildungsniveau und Einkommen der Personen.

Zusammenfassung

Man kann den sozialen Status von Menschen auf verschiedene Arten analysieren. Das Schichtenmodell orientiert sich am Einkommen und der Art des Berufes, sowie der Herkunft der Person. Die Sinus-Milieus kombinieren Einkommen und Einstellung zur Gesellschaft miteinander. Die Statusanalyse von Bourdieu benutzt Bildung, Einkommen und soziales Netzwerk als Kategorien um Menschen einen sozialen Status zuzuweisen. Sozialer Status prägt zudem den Habitus eines Menschen, der daher auch die soziale Mobilität der Person einschränken kann.