WRINT: Politikunterricht – Exkurs: Was ist Soziologie?

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Die Soziologie ist die Wissenschaft vom sozialen Verhalten menschlicher Gruppen. Sie beschäftigt sich hierbei mit Gruppen und nicht wie die Psychologie mit dem Verhalten einzelner. Die Soziologie ist dabei theoriebildend und empirisch. Das bedeutet, dass nicht nur soziologische Theorien entwickelt werden, sondern dass diese Theorien auch an erhobenen Daten überprüft werden. Um Daten zu erheben, benutzt die Soziologie Experimente, Umfragen und Beobachtung. Die Umfrage mit statistischer Auswertung ist dabei das meistbenutzte Mittel um soziologische Theorien zu bilden und zu überprüfen.

Der Blickwinkel der Soziologie kann in eine makro- und eine mikrosoziologische Betrachtungsweise unterteilt werden. Die Makrosoziologie beschäftigt sich mit sozialem Verhalten von großen Menschenmengen und den Dynamiken, die zwischen diesen Gruppen entstehen. Die Mikrosoziologie beschäftigt sich mit den sozialen Abläufen in Kleingruppen. Dabei sind die Übergänge teilweise fließend.

Wichtige Gebiete der Soziologie sind:

  • Sozialstrukturanalyse
  • Soziologie der Kleingruppen (z.B. Familiensoziologie)
  • Strukturanalyse von sozialen Räumen (z.B. Stadtsoziologie)
  • soziologische Theorie
  • Sozialisation (z.B. Jugendkulturphänomene)
  • Devianz (kriminelles Verhalten, gesellschaftliche Normen)

Zusammenfassung

Soziologie ist eine empirische und theoriebildende Wissenschaft, die sich mit dem sozialen Verhalten von menschlichen Gruppen beschäftigt. Sie benutzt dazu Umfragen, Experimente und Beobachtungen. Die Soziologie kann entweder einen breiten (Makrosoziologie) oder einen engen Fokus (Mikrosoziologie) haben.

WRINT: Politikunterricht – Exkurs: Was ist soziale Mobilität?

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Soziale Mobilität bedeutet, dass sich Gruppen von Menschen bewegen. Dies können sie auf verschiedene Arten tun.

Deswegen kann die soziale Mobilität in zwei Arten aufgespaltet werden: die horizontale und die vertikale soziale Mobilität. Die horizontale Variante beschäftigt sich mit räumlichen Wanderungsbewegungen in einer Gesellschaft.

Während horizontale soziale Mobilität an sich auch spannend ist, liegt der politische Fokus meist auf der vertikalen sozialen Mobilität, also auf Wanderungsbewegungen zwischen verschiedenen sozialen Statusgruppen. Deren Aufbau hat sich im Laufe der europäischen Geschichte von einer sehr starren Struktur, die wenig Mobilität ermöglicht, in immer flexiblere Strukturen gewandelt. Hier kann man das einmal sehen:

cc-by Thomas Brandt

cc-by Thomas Brandt

WRINT: Politikunterricht – Exkurs: Über Politik diskutieren

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Politik betrifft jeden und so ist es kein Wunder, dass über nicht mehr diskutiert wird als Politik. Dabei werden zumeist die einzelnen Ebenen der Politik gut durcheinandergewürfelt und Ideologien und Diskussionstricks geben sich die Klinke in die Hand. Trotzdem kann man relativ oft ein fruchtbare Diskussion führen, wenn man sich gegen die entsprechenden Diskussionstricks wehren kann und trotzdem die Person gegenüber respektvoll behandelt.

Diskussionstricks

Es ist ein klassisches soziales Konstrukt in unserer Welt, dass man Diskussionen „gewinnen“ kann. Generell wird dabei davon ausgegangen, dass man „gewonnen“ hat, wenn der andere schweigt. Das ist leider eine komplette Fehlannahme, denn Schweigen ist Aufgeben, aber nicht Zustimmung. Trotzdem gibt es in unserer Welt unendlich viele Tricks wie genau dieses Schweigen in der Diskussion bewerkstelligt werden kann und man sich damit als „Gewinner“ darstellen kann. Die wichtigsten dieser Tricks laufen über Ablenkung oder aber Falschdarstellung der Aussagen des Gegenübers. Da der Fundus hier relativ groß ist, seien weiterführend empfohlen:

Die Person gegenüber ernst nehmen

Obwohl man sich gegen Diskussionstricks wirklich wehren sollte, bedeutet das nicht, dass man sofort das Gespräch abbrechen sollte. Obwohl das aus Selbstschutz und Zeitersparnis ab einem bestimmten Punkt der Frustration definitiv legitim und auch angeraten ist, sollte man erst einmal probieren die andere Person irgendwie an den eigenen Standpunkt heranzuführen. Gerade in politischen Diskussionen sagen viele Menschen gerne Allgemeinplätze auf, die sie aus den Medien oder ihrer Umwelt aufgenommen haben und die normalerweise mangelndes Durchdenken der Sachverhalte zeigen. Es wurde hier eben kein fundiertes Urteil gesprochen, sondern einfach nur dahergeschwafelt ohne die Relevanz für sich zu erkennen. Politik ist aber eben relevant für den Einzelnen. Das trifft besonders auf große gesellschaftliche Diskurse wie Überwachung oder sexuelle Gleichbehandlung zu. Diese Relevanz muss man erst einmal herstellen, damit der andere das Thema ausreichend würdigt und es ist meine Erfahrung, dass hier auch schon meist das Problem ist. Stellt man dann Relevanz her, werden animierte, streitbare und laute Schüler gerne still und nachdenklich. Es geht auf einmal um sie und nicht irgendjemanden und schon werden Perspektiven mehr überdacht.

Die Basis hierfür ist allerdings eine Diskussionseinstellung, die manchmal schwer zu behalten ist: man muss die Person gegenüber grundlegend in ihren Aussagen ernst nehmen. Wenn die Person dafür Gründe hat, dann auch diese und wenn nicht, dann kann man dort ansetzen. Man sollte viele forschende Fragen stellen um Informationen über die Einstellung und Beweggründe der Person zu bekommen und möglichst wenig eigenständige Annahmen treffen, wenn man nahezu keine Daten hat. Das führt zum einen dazu, dass man besser Relevanz herstellen kann, und zum anderen dazu, dass sich die Person ernst genommen fühlt. Erst dann kann man mit ihr interagieren. Oder sich auch entscheiden, dass es keinen Sinn mehr hat, mit ihr zu interagieren, weil sie den gemeinsamen Boden der Realität verlassen hat.

Hat die Person mit der man diskutiert das augenscheinlich und für den eigenen Idealismus ausreichend getan, dann sollte man die Diskussion verlassen und gehen. Das sieht diese Person zwar meist als Sieg, der sie in ihrer Weltsicht bestärkt, aber man kann das eigentlich nicht verhindern. Die Welt ist multivariat und man selbst weiß ja auch nicht alles. Man sollte nur Abstand halten, wenn einem selbst diese Interaktion nichts bringt.

Hierzu kann man noch zum Lesen empfehlen:

Hubert Schleichert, Wie man mit Fundamentalisten diskutiert ohne den Verstand zu verlieren (relativ polemisch und etwas fies)

Wahl-o-maten für die Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg

Es ist schwieriger, die policies von Parteien zu Wahlen einzuschätzen als man so denkt. Den Plakaten und den Wahlhelfern kann man nur bedingt glauben, geschweige denn einen sinnvollen Satz abringen. Das Wahlprogramm möchte keiner lesen, was also tun um die Wahlentscheidung nicht mit einem Würfel zu treffen?

Die Bundeszentrale für politische Bildung hat da mittlerweile eine erprobte Antwort: den Wahlomaten. Dort kann man sich zu wichtigen Thesen aus dem Wahlkampf erst einmal selbst positionieren, was einem bei der eigenen Urteilsbildung helfen kann, und dann mit denen von den Parteien abgleichen kann, die zur Wahl stehen. Ich empfehlen allen Wählerinnen und Wählern in diesen Bundesländern das zu tun. Insbesondere, wenn sie sich sicher sind, was sie wählen wollen. Es gibt da öfter mal Überraschungen, vor allem wenn man sich Aussagen und Begründungen der Parteien auch ansieht ((Prototypisch ist da die fehlenden Aussagen der NPD zu bestimmten klar rechtsextremistischen Positionen, die zwar unterstützt aber nicht begründet werden.)). Vor allem Menschen, die populistische Parteien bevorzugen sollte man den Wahl-o-mat zusammen mit fragendem Erörtern angedeihen lassen. Meist kommt dabei heraus, dass man die dann doch nicht wählen möchte.

WRINT: Politikunterricht – Was macht ein politisches Urteil aus?

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Eine Aufgabe des Politikunterricht ist es politische Urteilsfähigkeit herzustellen. Das ist anspruchsvoller als man denkt, denn ein politisches Urteil sollte mehr sein als eine einfache Meinungsäußerung.

Meinungen kann man einfach haben, ein Urteil sollte eigentlich begründet und durchdacht sein. Allerdings gehört zur Politik auch immer die policy, also eine Ideologie oder Meinung. Diese sollte aber den Fakten nachgelagert sein. Deswegen empfiehlt sich hier die I-F-P Methode:

  • Informationen sammeln
  • Folgen abschätzen
  • Prioritäten festlegen

Wie man hier sieht, werden erst Fakten analysiert, dann eine Prognose erstellt und dann erst ideologische und ethische Prinzipien als Basis für die Entscheidung zu Rate gezogen. Die können sehr unterschiedlich aussehen, was bedeutet, dass zum Beispiel eine neoliberale Ideologie zu anderen Entscheidungen führt als eine sozialistische Einstellung und aus der Sicht der politischen Bildung ist die Ideologie erst einmal egal, so lange das Urteil unter der Berücksichtigung aller Fakten getroffen wurde. Der Beutelsbacher Konsens sagt hier, dass die Befähigung zum Urteil das Ziel ist, nicht die ideologische Ausrichtung des Urteils.

Allerdings kann man noch eine Bewertung der moralischen Komplexität eines Urteils treffen. Diese basiert klassischerweise auf der entwicklungspsychologischen Theorie von Lawrence Kohlberg. Kohlberg entwickelt eine Theorie der Moralentwicklung in der er drei Stufen mit Unterstufen aufmacht:

Auf der präkonventionellen Ebene richtet sich das Urteil primär nach dem eigenen Wohlbefinden. Es geht also nur darum eigenen Schmerz zu vermeiden oder aber die Gefühle anderer zu einem zu spiegeln.

Auf der konventionellen Ebene orientiert sich das Urteil an Regeln und deren Einhaltung. Entweder daran, dass man ein guter Mensch ist oder, aber an den herrschenden Gesetzen.

Auf der postkonventionellen Ebene orientiert sich das Urteil dann an übergeordneten moralischen Prinzipien, wie den Gesellschaftsvertrag oder sogar übergeordneten ethischen Prinzipien.

Ein politisches Urteil sollte natürlich idealerweise auf der postkonventionellen Ebene gefällt werden, da aber die meisten Menschen sich eher auf der konventionellen Ebene befinden, ist das dann der Standard. Ähnlich wie oben ist aus Sicht der politischen Bildung das Fällen eines Urteils auf der postkonventionellen Ebene wieder erst einmal gleichwertig einem auf der konventionellen Ebene.

Weiterführende Links:

Arbeitsblatt „Urteil und Dilemma“ der Bundeszentrale für politische Bildung

WRINT: Politikunterricht – Was ist Macht und Herrschaft?

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Wer Politik betreibt, erstrebt Macht. (Max Weber in Politik als Beruf)

Max Weber (1894)

Max Weber (1894)

Wenn man sich mit Macht und Herrschaft auseinandersetzt, kommt man eigentlich nicht an Max Weber vorbei. Der Soziologe prägte mit seiner trockenen analysierenden Art die Soziologie und Politikwissenschaft und ist der Schöpfer vieler prägnanter Definitionen. Darunter ist auch die Definition von Macht:

„Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eignen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht.“ (Wirtschaft und Gesellschaft)

Diese soziologische Definition trägt sich in die Politik weiter, nur dass sich hier die Menge der Menschen erhöht über die man Macht hat und es ist erst einmal Macht, die ein Politiker und gerade die Regierung hat. Diese Macht wird übrigens durch das Gewaltmonopol des Staates an seine Untergebenen weitergereicht. Deswegen dürfen Polizisten verhaften und einsperren.

Es stellt sich allerdings dann die Frage, was die Machtausübung durch den Staat von der durch einzelne oder Gruppen von Menschen unterscheidet. Der wichtige Unterschied zwischen einem Strassenräuber, der eine Person mit der Waffe zwingt ihr Geld abzugeben und dem Staat ist das Konzept der Herrschaft. Auch diese wurde von Max Weber definiert und zwar als legitimiertes Machverhältnis. Weber sagt damit, dass Herrschaft nur existiert, wenn diejenigen über die Macht ausgeübt wird, diese Machtausübung anerkennen. Für die Anerkennung gibt es allerdings verschiedene Begründungen.

Typen von Legitimität cc-by Thomas Brandt

Typen von Legitimität
cc-by Thomas Brandt

Ein kleiner Hinweis: die rationale Legitimität ist gleichbedeutend mit der legalen Herrschaft, die im Podcast erwähnt wird.

Schaut man sich die Tabelle mit Legitimitätsbegründungen an, dann fällt auf, dass nach einem demokratischen Staatsverständnis nur noch die rationale Legitimität als Grundlage für staatliche Herrschaft gesehen werden kann. Allerdings gibt es eigentlich alle diese Legitimitätsformen noch auf Welt, was zeigt, dass es kein wirkliches Dogma im Staatsverständnis geben sollte.

Zusammenfassung

Um Politik machen zu können, benötigt man Macht. Macht ist jede Chance einen anderen etwas tun zu lassen, egal worauf die Chance beruht. Eine Regierung benötigt allerdings nicht nur Macht, sondern Herrschaft, die als legitimierte Macht, verstanden werden kann. Herrschaft kann auf verschiedene Arten legitimiert werden.

WRINT: Politikunterricht – Was ist Politik?

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Die grundlegende Frage, um sich überhaupt über Politik unterhalten zu können, ist was eigentlich diese Politik ist. Politik leitet sich vom griechischen Wort polis (die Stadt/der Stadtstaat) ab und wird heutzutage grob als konfliktlösendes Handeln in einer Gesellschaft gesehen. Es gibt allerdings viele verschiedene Sichtweisen auf Politik und damit auch verschiedene Politikbegriffe. Dieser hier ist konfliktorientiert und im großen und ganzen der derzeit anerkannteste. Das macht ihn allerdings nicht zum einzigen richtigen. Da Politik in der deutschen Sprache ein schwer umfassbarer Begriff ist, hat man sich in der Wissenschaft an der englischen Sprache orientiert und aus den englischen Begriffen drei Dimensionen von Politik definiert:

Politikdimensionen cc-by Thomas Brandt

Politikdimensionen
cc-by Thomas Brandt

Diese drei Dimensionen sind die Form, der Inhalt und der Prozess (lies Streit) der Politik. Politiker arbeiten auf der Basis der polity und ihrer eigenen policy und das ist dann politics. Diese drei Dimensionen können dabei helfen Politik zu verstehen und zu analysieren. Dazu zeigen sie, dass Politik mehr ist als Politiker, die in eine Kamera sprechen. Ein zweiter Ansatz, der Politik als gesellschaftlichen Prozess transparent machen will, ist der Politikzyklus. Er stellt Politik als Problembehandlung dar und passt damit natürlich gut zur ursprünglichen Definition von Politik als konfliktlösendem Handeln. Politikzyklus Der Zyklus zeigt, dass in einer Gesellschaft ein Problem existiert, das dann politisch thematisiert und verhandelt wird und dessen Lösung dann wiederum in eine neue Problemstellung mündet oder aber zur Beendigung des Politikprozesses führt. Die Beendigung ist aus meiner Sicht sehr selten. Jedes Thema kommt irgendwann wieder.

Zusammenfassung

Politik ist problemlösendes Handeln in einer Gesellschaft und kann in die Dimensionen Form (polity), Inhalt (policy) und Prozess (politics) aufgeteilt werden. Der Politikzyklus wiederum zeigt wie politische Probleme immer wieder zum Ursprung neuer politischer Probleme werden und wie die gesellschaftliche Behandlung von diesen Problemen funktioniert.

Neue Serie und neues Konzept

Ich war vor einiger Zeit bei Holgi in WRINT zu Gast. Wir redeten über das Politiklehrersein und Politik. In den Kommentaren zeigte sich der Wunsch, dass mal jemand das deutsche Politiksystem erklärt, weil das vielen der Hörer doch immer etwas spanisch vorkommt. Das werde ich in nächster Zeit mit Holgi machen.

Dieses Blog wird die Shownotesammelstelle werden, da ich mir gedacht habe, dass eine reine Linkliste bei diesem Thema vielleicht zu wenig ist. Also gibt es hier Schaubilder und eine schriftliche Zusammenfassung des jeweiligen Sendungsinhalts. Da die Sendungen kurz und knackig sein werden, ist das auch alles schön zu überblicken. Ich werde mich bemühen auch ordentlich zu taggen und passende Kategorien einzuführen, damit das übersichtlich bleibt.